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24. November 2025 9 Minuten

Die blauen Augen von Belém

Liebe Leserin, lieber Leser,

die COP in Belém hat sowohl beim Klimaschutz als auch beim Bundeskanzler Schrammen hinterlassen.

Neben den enttäuschenden Ergebnissen haben auch die deutsch-brasilianischen Beziehungen gelitten. Denn mit einer Anekdote aus einer Hintergrundrunde wollte Merz zurück in Deutschland zu mehr Selbstbewusstsein zum eigenen Land ermutigen – auf Kosten der COP-Ausrichter. Ein Versuch, der gründlich schief ging. Allein der Tweet des brasilianischen Deutsche-Welle-Accounts dazu erreichte über 10 Millionen Views, vor Ort musste u. a. Umweltminister Schneider viel Porzellan aufsammeln.

  • Von Arroganz bis Nazi-Vergleichen: Die Reaktionen aus Brasilien waren deutlich, gerade im Netz. Auch Präsident Lula da Silva lies wissen, dass “Berlin ihm nicht einmal 10 Prozent der Qualität” seiner Heimat bieten würde – eine Aussage, die im hauptstädtischen November durchaus zu prüfen wäre. Einen Überblick der Reaktionen hat die taz.
  • Auf dem G20-Gipfel in Südafrika konnte Merz zumindest bei Lula Schadensbegrenzung betreiben. Jetzt wollen die beiden sogar miteinander tanzen gehen.
  • Auch seine Stadtbild-Äußerung verfolgte Merz noch bei der Preisverleihung der Deutschlandstiftung Integration, als Dutzende Stipendiaten den Saal verließen, während Merz sprach (Video).

  • Mehr über die Fettnäpfchen des Bundeskanzlers und die “Kanzler-Culture”zeigt der Spiegel in einem Shortcut, seine “mangelnde Impulskontrolle” analysiert (€) Andrea Römmele.

  • Dabei seien nicht die Sätze des Kanzlers das Problem, sondern die Reaktionen darauf, kommentiert Jonas Mueller-Töwe.

Zu Hause steht währenddessen sein Kulturstaatsminister Wolfram Weimer unter Druck. Der Vorwurf: eine mögliche Vermischung von politischen und privatwirtschaftlichen Interessen wegen Aktivitäten der Weimer Media Group. Die Anteile an seinem eigenen Verlag hat er nun einem Treuhänder übergeben und den Medienanwalt Schertz in den Ring geschickt. Der Deutschlandfunk fasst die Anschuldigungen und die Debatte zusammen.

Bei so vielen Baustellen kommt es auf die Regierungsmanager im Hintergrund an. Wie Thorsten Frei und Björn Böhning mit der Koordination der Regierung, Rentenstreit und täglichen SMS umgehen, hat die FAZ porträtiert (€).

Sollten die beiden scheitern, stellt sich die Frage nach den Alternativen. Dabei taucht immer wieder die Minderheitsregierung als Option auf – und mit ihr oft der Blick nach Skandinavien. Warum der Vergleich aber hinkt und was das mit “negativem Parlamentarismus” zu tun hat, erklärt ebenfalls die FAZ (€). Ferdinand von Schirach schlug dagegen vor, die Amtszeit des Kanzlers auf sieben Jahre zu erhöhen und keine Wiederwahl zu ermöglichen. Der Tagesspiegel analysiert (€) die radikale Staatsreformidee.

Auch die erste Version des Friedensplans für die Ukraine war relativ einseitig. Dass die Forderungen inhaltlich nah am Kreml sind, ist offensichtlich. Dass sie sprachlich wahrscheinlich in Teilen aus dem Russischen übernommen wurden, deckte der Guardian auf. Den Gegenvorschlag der europäischen Seite gibt es hier im Wortlaut. Aktuell gibt es vorsichtig positive Zeichen.

Der offizielle Autor des 28-Punkte-Plans traf derweil seinen “Albtraum“: Der neue New Yorker Bürgermeister Mamdani kam zum Antrittsbesuch ins Oval Office und sorgte zusammen mit Trump für bizarre, aber oberflächlich harmonische Szenen. Der Spiegel hat ein Best Of davon. Zu anderen Demokraten ist er lange nicht so freundlich. Denen droht er eher mit dem Tod.

Schlechte Nachrichten gibt es auch für die AfD: Sie hat die Rechte an ihrem Logo und Kürzel verloren, wie das Amt der EU für geistiges Eigentum entschied – die Partei kündigte bereits eine Beschwerde gegen das Urteil an.

Ärger gab es auch um eine Holocaust-Aussage von Sachsen-Anhalt-Spitzenkandidat Siegmund und eine Abwahl in Bad Salzuflen, aber dafür Licht am Horizont für die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. Zumindest im Haushalt sind Mittel hinterlegt, nachdem die Partei zum dritten Mal im Bundestag vertreten ist. Warum der Aufbau des rechten Bildungswerks damit aber noch nicht sicher ist, erklärt (€) die Süddeutsche Zeitung.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff


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